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minimum in Mailand: Eindrücke von der Möbelmesse 2024

19.04.2024
Salone del Mobile und Fuorisalone machen Mailand Mitte April zum Designmekka. Natürlich waren wir auch dort und haben viel Farbe, Glas und Spiegelndes gesehen, die 70er gespürt und Liebe zum Handwerk.

Mit mehr als 350.000 Fachbesuchern und über 5000 akkreditierten Journalisten stellte die 62. Mailänder Möbelmesse einen Rekord auf, den man spürte. Voll wie nie war es auf dem Messegelände in Rho und in den Vierteln Brera und San Babila. Gedrängt hat man sich jetzt auch bei den bekannten Modemarken, die mit Interiorkollektionen ihr Portfolio erweitern. Wir haben uns im Design- und Kunstviertel Brera bei bulthaup angestellt, USM, Carl Hansen & Søn, Schönbuch und viele andere besucht.

Brera 

Nach sechsjähriger Pause hat bulthaup zur Mailänder Möbelmesse 2024 mit weißen Metallprofilen einen offenen Pavillion im Innenhof der barocken Pinacoteca di Brera, einem bekannten Kunstmuseum, konzipiert, den man eigentlich gar nicht mehr verlassen wollte. Wir wurden von einem Sternekoch verköstigt, von der Sonne verwöhnt und warfen einen Blick in Zukunft und Vergangenheit. Immer noch präsent das System b3, weiterentwickelt wurde der Hackblock von Dieter Rams, neu gestaltet eine Küchenwerkbank, ein Rollwagen, ein Wandsystem und eine Kücheninsel — sogar ein Waschbecken für ein Bad wurde präsentiert. Das Motto: »From space to place. From possession and status to pure human existence. There is no kitchen«. In der Tat ist im bulthaup Pavillion die Küche aufgelöst, wie die Trapezformen im neuen Wandsystem. Einerseits wird jedes Element zum Einzelteil, wie man es schon von der b2 kennt, anderseits verschwindet die Küche in einer in sich geschlossenen Einheit, wie es auch die b3 bisher ermöglichte. Wir sind begeistert. Welche Ideen bulthaup wirklich umsetzt, bleibt spannend.

bulthaup-in-Mailand

Vielleicht ein neues Wandsystem von bulthaup

Von der Via Brera 28 ging es über Umwege in den Corso Garibaldi. Schon zum fünften Mal stellte USM in Mailands bekanntestem Fahrradladen Rossignoli aus. Nach vielen Special Editions, die der Autorin sehr gut gefallen, aber das modulare System USM ad absurdum geführt haben, standen in diesem Jahr Modularität und Geschichte im Vordergrund. Neben dem Café »Da Fritz e Paul«, das Fritz Haller und Paul Schärer, den Vätern von USM gewidmet hatten, wurde die Fahrradwerkstatt zur USM-Werkstatt. Hier wurde das System aus Kugeln, Rohren, Konnektoren und bunten Blechen gleichzeitig an einem Ende auf- und am anderen Ende wieder abgebaut. Besser konnte man die Vorteile von USM nicht vorführen. Und haben Sie schon mal eine Deckenleuchte aus USM-Elementen gesehen oder eine Bank, die ausschließlich aus USM-Rohren bestand? Wir sind nach wie vor inspiriert und freuten uns über ein interessantes Exponat, ein Registraturwagen aus der ersten USM-Serie von 1965, der immer noch mit dem USM-Möbelsystem kompatibel ist.  

usm-Deckenleuchte

Lampe mit System

Via Durini

B&B Italia und Cassina verpflichten zu einem Besuch in der Via Durini — die Hauptschlagader des High End Designs. Unterschiedlicher konnten die Auftritte der einzt zusammengehörigen italienischen Marken allerdings kaum sein. Bei Cassina war die Lust an der Farbe nicht zu übersehen, B&B hingegen verzichtete im Indoorbereich fast gänzlich auf farbige Akzente und wir fühlten uns in unserem Trendgespür bestätigt. Die 70er sind seit einiger Zeit zurück. Sie haben viel Farbe mitgebracht, Stoffe, Muster und Formen aufs Neue geprägt. Auch die 20er sind geblieben — mit ihrer Materialität und Opulenz wie mit ihrer Klarheit und Eleganz. Im Gegensatz dazu, teilweise aber auch aus prägenden Elementen der genannten Stile, läuft für uns der Wüstenstil, der mit einem Faible für Handwerkskunst, natürlichen Stoffe, Töne und Materialien, eine Sehnsucht nach Entschleunigung und Unaufgeregtheit, aktuell zu einem erdigen Trend werden lässt.  Der Showroom von B&B Italia lies uns besonders von den neuen Möglichkeiten für den begehbaren Schrank Backstage sprechen. Auch der in Gelb gezeigte Sessel Narinari wurde diskutiert. Bei Cassina gefiel uns die Ergänzung der Dudet-Serie von Patricia Urquiola um ein Sofa und einen Sessel besonders gut. Auch den Klassikern konnten wir uns mal wieder nicht ganz entziehen.

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Die zwei Neuen: Narinari von B&B Italia in Gelb und Dudet von Cassina in Beige.

Messegelände in Rho

Der Messestand von Knoll sorgte bei uns für Dikussionsstoff. Bequem sitzt man defintiv im wieder aufgelegten Sessel Tugendhat von Lilly Reich und Ludwig Mies van der Rohe aus dem Jahr 1929. Aber mögen wir das Design? Neu bei Knoll ist das bunte Finish für die Bauhausklassiker der Marke. Der Beistelltisch Laccio, der Sessel Wassily und die Möbel der MR Serie erhielten zur Messe die Option auf bunte Gestelle. Mit Rot, Weiß und Schwarz entstehen so neue interessante Kombinationen. In unseren Augen ein Jahr zu spät — aber vielleicht auch ein Jahr durchdachter — kommt von Knoll mit dem Perron Pillo Sofa eine Antwort auf das Standard Sofa von Edra und damit ein äußerst gemütliches Sofa, das unser Team allerdings in zwei Lager spaltet. 

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Das umstrittene Sofa umrandet von zwei Bauhausklassikern mit buntem Stahlrohr

30 Jahre E15 bedeutet auch 30 Jahre Bigfoot. Zu seinem Jubläum am E15 Messestand senkrecht auf einer Drehscheibe platziert, boten sich ungewohnte Perspektiven auf den massiven Tisch. Gleich daneben wurde die neue Kooperation von Kaldewei und E15 vorgestellt, die der Designer Stefan Diez entworfen hat. Diese Badmöbel wie auch Bigfoof, Backenzahn, die Anrichte Shahnaz und der Tisch Ashida — ausgestattet mit den jetzt für alle Tische erhältlichen Kabelauslass und Kabelführung im Bein — zeigten sich im gewohnten Eichenlook von E15. Zu Nussbaum, das in den letzten Jahren verwendet wurde, war nun ein neuer Holzton bei E15 zu finden: dunkel gebeizte Eiche. Außerdem neu: ein gepolsterer Stuhl, der auf der Produktfamilie This, That und Other von Stefan Diez basiert. Kaisa ist ein neuer Glasbeistelltisch — inspiriert von Art-Déco-Schmuck und der Glasentwicklung der damaligen Zeit. Die 20er wieder. Sie gefallen uns.

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E15 Messestand: Entdecken Sie den neuen Glasbeistelltisch?

Zur Philosophie des Ledertaschen und Accessoires-Herstellers PB 0110 gehört die Idee der geliebten Objekte, die mit der Zeit ihren eigenen Charakter entwickeln und an ideellem Wert gewinnen. In der neuen Kooperation mit Tecta und der Designerin Ayzit Bostan bekam der D4 Faltsessel von Marcel Breuer mit handverlesenem Leder ein neues Gewand und einen passenden neuen Hocker. Dazu eine Beistelltasche. Diese kann sowohl Stauraum als auch Begleiter auf Reisen sein. Was für ein Möbel. Bestimmt werden diese drei Stücke zu beloved objects in jedem Zuhause, in dem sie zu finden sein werden.

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Tecta in Mailand mit geliebten Objekten

Schon länger auf unserem Radar und mit Vergnügen auf der Messe näher kennengelernt haben wir die Hersteller Ritzwell, Zanat und Gallotti & Radice. Ritzwell kommt aus Japan und stellt dort seit 1992 handwerklich Möbel her. Aus Bosnien und Herzegowina stammt Zanat, die sich auf die Arbeit mit Holz spezialisert haben. Gallotti & Radice besteht seit den 1970er Jahren in Italien und wird heute fast ausschließlich von Frauen betrieben. Alle drei führen Produkte, die uns in ihrer Machart faszinieren und mit schönen Details überzeugen. Alle drei oszillieren zwischen dem Stil der 70er, der in mancherlei Hinsicht auch Einflüsse aus den 1920ern erkennen lässt und dem Wüstentrend. Damit sind die Hersteller in unseren Augen sehr zeitgemäß und relevant.

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Gallotti & Radice: die Beistelltische Clemo, Re-verra und Monete nebem dem Cloud Infintiy Sofa und unter der Lampe Bolle Tela

Ein paar Eindrücke von sehr vielen, die wir von der Messe und aus Mailand mitnehmen konnten. Grazie Milano, sei meraviglioso!