Jean Prouvé war Ingenieur, Konstrukteur und Designer. Mit seinen konstruktiven Ansätzen, die das Möbeldesign der Zwischen- und Nachkriegsmoderne massgeblich prägten, war er ein Pionier der Serienproduktion und des industriellen Bauens mit modularen und vorgefertigten Elementen. Sein einzigartiges Werk, dem so bedeutende Zeitgenossen wie Le Corbusier höchste Bewunderung zollten, umfasst vom Brieföffner über Tür- und Fensterbeschläge, Leuchten, Möbel, Fassadenelementen, Fertighäusern, modularen Bausystemen bis hin zu großen Messe- und Ausstellungsbauten fast alles, was sich konstruieren läßt und nach einer industriellen Fertigungsmethode verlangt.
Tankstelle, die Jean Prouvé gemeinsam mit seinem Bruder Henri Prouvé 1953 entworfen hat. Seit 2003 steht sie auf dem Vitra Campus.
»In Jean Prouvé vereinigen sich Architekt und Ingenieur, richtiger noch, Architekt und Baumeister, denn alles, was er anfasst und gestaltet, bekommt sofort eine elegante und plastische Form, mit glänzend verwirklichten Lösungen in Bezug auf Haltbarkeit und industrielle Fertigung.« Le Corbusier
Der Antony Chair in der Wohnung des Prouvé-Sammlers Emmanuel de Bayser
Am Anfang der Beziehung zwischen Vitra und Jean Prouvé stand ein Stuhl, der Antony Chair, den der Sammler und ehemalige Chairman von Vitra Rolf Fehlbaum in den 1980er gekauft hatte. Heute verfügt das Vitra Design Museum über die weltweit umfangreichste Prouvé-Sammlung und Vitra verkauft Re-Editionen in enger Absprache mit Catherine Prouvé, Jean Prouvé jüngster Tocher.
Rolf Fehlbaum mit Catherine Prouvé zur Einweihung des Place Jean Prouvé bei Vitra in Weil am Rhein
»Jean Prouvé ist für mich das französische Pendant zu Charles und Ray Eames. Was sie gemeinsam haben, ist die Kombination aus struktureller Ehrlichkeit und einem daraus resultierenden kreativen Ausdruck von zeitloser Schönheit«, Rolf Fehlbaum
Die Möbel von Jean Prouvé sind von einem künstlerischen Bewusstsein geprägt, das sich in den Details, den Fugen, den Proportionen, den statischen Abläufen, der Gesamtkonstruktion und schließlich in der Verarbeitung und Ausführung des Materials selbst ausdrückt. Der gezielte Einsatz von Farben spielte bei Jean Prouvé eine große Rolle. Er wusste um deren Wirkung, wie seine Tochter Catherine Prouvé erklärt: »Prouvé wählte seine Farben mit großer Sorgfalt aus — er war eben der Sohn eines Malers!«.
Die Farben, die Prouvé für seine Architektur und die Stahlelemente seiner Möbel entwickelte, stützten sich auf verschiedene Referenzen — von seinem Blé Vert, das die Farbe von jungem, grünem Weizen widerspiegelt, bis hin zu Gris Vermeer, das auf die Grautöne im Werk des Malers Johannes Vermeer anspielt. Doch laut Prouvé, der an die »Natur des Materials« glaubte, sollten nur korrosionsgefährdete Teile gestrichen werden, weshalb er Elemente aus Holz und Aluminium möglichst unbehandelt ließ. Neben dem praktischen Nutzen des Rostschutzes wusste Prouvé aber auch, dass er seinen Möbelentwürfen mit Farben eine gewisse Aura verleihen konnte.
Jean Prouvés Farben auf dem Vitra Campus
Neue Farben der Prouvé-Kollektion
Vitra erweitert die Farbpalette für die Möbel von Jean Prouvé um einige dieser ursprünglichen Prouvé-Farben: Zu den bestehenden Optionen Tiefschwarz, Japanischrot und Blanc Colombe gesellen sich nun Gris Vermeer, Bleu Dynastie, Blé Vert und Bleu Marcoule sowie die Variante Métal Brut in unlackiertem Stahl.
Prouvé Bleu Marcoule (Marcoule-Blau) bezieht sich auf den Farbwunsch eines wichtigen Kunden, der eine große Auswahl an Möbeln bei den Ateliers Jean Prouvé bestellte.
Prouvé Bleu Dynastie (Dynastieblau) erinnert an das Kobaltoxid im blau-weißen Porzellan der Ming-Dynastie.
Prouvé Blé Vert (Grüner Weizen) hat die frische Farbe eines jungen, grünen Weizenfeldes, kurz bevor es sich gelb färbt und zur Ernte bereit ist.
Prouvé Gris Vermeer (Vermeer-Grau) spielt auf den berühmten niederländischen Künstler Johannes Vermeer an. Ein genauerer Blick auf die Grautöne in seinen Gemälden offenbart die Quelle von Prouvés Inspiration.
Prouvé Métal Brut (Rohmetall) ist keine Farbe sondern eine Variante, bei der die Stahloberfläche mit einem klaren Schutzlack überzogen wird. Diese Behandlung legt die Schweißnähte und Verbindungsstellen frei und zeigt so das pure Material.
Neue Produkte von Prouvé
Seit Herbst 2022 sind bei Vitra vier weitere Entwürfe von Jean Prouvé erhältlich: Abat-Jour Conique, ein kegelförmiger Lampenschirm, den Prouvé 1947 für die Wandleuchte Potence entwickelt hat, die beiden Hocker Tabouret N° 307 und Tabouret Métallique sowie das Wandregal Rayonnage Mural, das Prouvé, der viele öffentliche Aufträge von Schulen, Universitäten und Spitälern erhielt, 1936 für die École Nationale Professionelle in Metz entworfen hat.
Der neu aufgelegte Hocker Tabouret N° 307 von 1951
Hocker oder Beistelltisch von 1936: der Tabouret Métallique