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In der Zeit — Ein Interview mit OBJEKTE UNSERER TAGE

17.06.2020
Wir haben mit Christoph Steiger, David Spinner und Reinhard Wessling von OBJEKTE UNSERER TAGE über Ellenbogen, Lady Gaga, Offenheit, Blau, Nachnamen und unsere Zeit gesprochen.

minimum: Warum gibt es Objekte unserer Tage — Eure Website vermittelt da schon den Anspruch, dass es um mehr geht als nur um schöne Möbel.

David Spinner: Es ist natürlich ein Prozess, der sich entwickelt hat. Ich habe mit Anton (Rahlwes) zusammen studiert und wir haben auch einige Projekte zusammen gemacht und auch einige gewonnen — und dann Lust bekommen, etwas Eigenes zu gründen. Dann haben wir Christoph kennengelernt. Er ist BWLer. Und wir wussten, wir müssen ein Team finden, das verschiedene Kompetenzen hat, um etwas Gutes zu machen bzw. zu erreichen. Und genau so ist es dann erstmal entstanden. Wir haben formuliert, was wir möchten, was uns wichtig ist und was unsere gemeinsamen Grundlinien sind. Was du auf der Homepage auch gesehen hast, dass wir so eine Art

Reinhard Wessling: Statuten 

Christoph Steiger: Oder eine Art Manifest festgelegt haben.

David: Genau. Uns zu definieren, das war uns vom ersten Tag an wichtig. Und so ist es dann nach und nach entstanden. Es war natürlich auch ein harter Weg, von Nichts bis hin zu einer Kollektion zu kommen. Finanzen, Produktion, Markenaufbau  — musste man natürlich alles angehen. Strukturen finden. Dinge definieren. Sich finden. 

Objekte-unserer-Tage-auf-dem-Weber-Sofa

Reinhard, Christoph und David von OBJEKTE UNSERER TAGE

Reinhard: Ich glaube, die Idee oder der Need besteht nach wie vor, Möbel für unsere Generation, eine selbstbestimmte Generation, zu schaffen. Das ist auch Teil unserer Story von Tag eins an, der sozialen und ökologischen Verantwortung unserer Zeit gerecht zu werden. In einem sehr konservativen und sehr ruhigen Markt um uns herum, versuchen wir eben für unsere Generation Objekte zu schaffen, die dann einen wirklichen Wert haben. Entgegen einer bestehenden Wegwerfmentalität. So ist zum Beispiel der Meyer Tisch — eines unserer ersten Objekte — mehrfach abschleifbar und kann somit über Generationen weitervererbt werden. Das ist Teil unsere Philosophie. Das ist das, was wir zusammenbringen möchten: Handwerkskunst mit dem bisschen berlinverrückt und das ist Teil der Idee und wir kennen uns ja auch alle aus Berlin. Das klingt so ein bisschen romantisch aber es ist tatsächlich so. Es ist nicht so eine reine Zweckehe.

David: Wir haben uns im Suff kennengelernt. 

Christoph: Ich bestreite diese Aussage. 

minimum: Kommt daher auch Euer Name — bedeutet das für Euch „unserer Tage“?

Christoph: Auf jeden Fall. Wir wollten diesen Anspruch haben, dass es nicht nur darum geht ein schönes Design zu haben, sondern dass es auch einen funktionalen Charakter hat und damit Werte der heutigen Zeit erfüllt. Genau das sollte sich auch in dem Namen widerspiegeln. Wir wollten aber auch, dass es ein deutscher Name ist, weil das unsere Herkunft zeigt. Jetzt nicht nationalistisch gedacht. Aber schon um zu zeigen, dass wir in einer deutschen Designhistorie stehen. Weil im internationalen Bild Deutsches und die deutsche Sprache sehr funktional und sehr systematisch sind, wollten wir einen fast romantisch klingenden Namen und das war dann Objekte unsere Tage und in der Abkürzung ist es dann auch noch OUT. Deswegen funktioniert das dann auch super. 

Reinhard: Und OUT passt dann auch wiederum. Wir sind out — wir gehen raus. Auch bei den Farben. Es ist dieser mutige Aspekt, der da mit reinspielt. Wir hätten ja zum Beispiel nie gedacht, dass die Farben so gut funktionieren. Aber die Leute lieben das Leuchtrot oder das Neonpink von uns. Das funktioniert alles sehr gut. 

David: Bei unserer Gründung war uns bewusst, dass es aus Deutschland wenig und wenig Neues gibt —  trotz der Größe des Landes und des Marktes und der vielen Regionen. Besonders, wenn man den Vergleich zu Skandinavien zieht.

Reinhard: Und unsere Heimat ist ja Berlin und gerade hier ist ja dieser Designstandort noch gar nicht so ausgebaut, wie er es eigentlich sein könnte. Ich meine, international ist Berlin bekannt für’s Ausgehen, für’s Nachtleben aber als Designstandort noch gar nicht so etabliert. Das haben wir uns zum Auftrag gemacht und holen auch Leute in die Stadt, die aus anderen Ländern kommen. Das hier einfach mehr passiert. Und wir vernetzen uns auch untereinander mit anderen Berlinern. Wir haben nicht diese Ellenbogenmentalität, sondern wir arbeiten wirklich gut zusammen. Gerade gab es so einen Concept Store of the Year. Da waren wir dabei mit unseren Objekten. Das ist immer ein ganz schöner Austausch, den wir da pflegen.

minimum: Das war auch nochmal eine Frage, die ich Euch stellen wollte: Was bedeutet Berlin für Euch. Gibt es da Austausch mit anderen? Create Berlin kommt ja auch. Ist die Idee einer solchen Plattform sinnvoll? 

Christoph: Auf jeden Fall sinnvoll, wenn man auf Berlin als diesen deutschen Meltingpot schaut, wo sowohl verschiedene Nationalitäten aber auch Ideen zusammen kommen. Das ist, glaube ich,  auch das was viele mit Berlin verbinden und daran schätzen. In der Designbranche ist es da so und so: Es gibt verschiedene Studios in Berlin mit denen wir sehr, sehr gut zusammenarbeiten und auch kooperativ sind. Es gibt aber auch welche, bei denen ist es nicht so. 

Create Berlin finden wir deshalb genau gut. Vor allen Dingen, man jetzt nochmal das Beispiel mit Dänemark anschaut und was in Kopenhagen geht. Da sind ja sehr viele Marken auch enorm erfolgreich, die aber auch diesen Erfolg haben, weil sie es geschafft haben wirklich eine Marke zu bilden. Und nicht nur als Marke Marke sondern als Marke „Standort Dänemark“ und sowas ist mit Create Berlin auch super, das für den Standort Berlin zu schaffen, weil es hier viel Potential gibt und das richtig zu nutzen macht total Sinn — sich irgendwie zu bündeln, um auch ein Sprachrohr zu haben. 

David: Finde ich auch. Ich sehe Berliner Marken, die auch Möbel machen, gar nicht als Mitbewerber oder Konkurrenz an. Ich eher glaube, dass wir uns gegenseitig mit Idee befruchten. Ich glaube, Muuto wäre ohne die Existenz von HAY oder Gubi alleine nicht so erfolgreich gewesen. Ich finde es schade, dass nicht alle dieses Denken haben aber schon einige. Deshalb sehe ich in sowas wie Create Berlin einen guten Anfang oder was heisst Anfang, das ist eine gute Sache.

Reinhard: Toll wäre halt, wenn eine Designweek hier auch so einen Stellenwert hätte wie das Gallery Weekend. Das wäre eigentlich richtig geil. 

minimum: Das wäre tatsächlich schön

Reinhard: Und das Potenzial ist ja da. Es gibt ja hunderte Marken, man müsste sie nur entdecken. Und auch bei unseren Kunden merken wir jetzt, dass die Nachfrage nach fair und nachhaltig produzieren Objekten in vielen Lebensbereichen extrem steigt. Ich glaube, das ist eine Nische, die wir weiter ausbauen sollten — auch hier in Berlin. 

minimum: Ja, das hatte ich auch so bei Euch verstanden als ein Bedürfnis unserer Zeit: gegen Massenproduktion, Konsum, Nachhaltigkeit …

David: Es geht uns nicht nur um ein zeitgemäßes Produkt, das aus irgendwelchen Gestaltungselementen besteht. Da gehört viel mehr dazu. Einerseits, dass es so gestaltet ist, damit es eine gewissen Zeitlosigkeit hat. Das ist natürlich schwer zu definieren aber man kann es zumindest versuchen. Dazu gehört auch, dass die Menschen, die das herstellen gerecht entlohnt werden, dass es unter Voraussetzungen hergestellt wird, die die Umwelt nicht belasten bzw. möglichst wenig. Das haben wir schon von Anfang an beachtet, wollten aber aus Imagegründen nie mit Ökos in eine Ecke gestellt werden. Dabei bedeutet „öko“ abgesehen vom Image zeitgemäß.

Reinhard: Und es ist eben nicht mehr zeitgemäß irgendwas in China herzustellen, es zu transportieren und das dann hier zu verkaufen, wie das zum Beispiel gerade die großen Dänen viel machen.

David: Es geht ja nicht darum, China nicht als Produktionsstandort zu nutzen. Aber es ist eben so, dass die Umweltstandards in Bayern um hundert Prozent höher sind. Und das ist einfach der Unterscheid. Das ist kein Vaterlandsidealismus. 

Reinhard: Der Transportweg von München nach Berlin ist einfach kürzer. 

Christoph: Das kommt noch on top. 

Reinhard: Und wir können auch besser nachverfolgen, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Auch nachhaltige Forstwirtschaft ist so ein Thema. Das können wir alles besser kontrollieren, wenn wir so nah mit der Produktion zusammenarbeiten wie wir es machen. Und es ist tatsächlich auch eine freundschaftliche Verbindung. Es sind Familienbetriebe in Süddeutschland, mit denen wir tagtäglich telefonieren. Persönliche Schicksale nehmen uns da auch mit und wir schauen, dass das wieder in Ordnung kommt. Dieser Austausch ist schön für uns hier in Berlin. Dieses über Generationen gewachsene Fachwissen, das uns wirklich unterstützt — verbunden mit unserem Design-Know-How und den technischen Mitteln, die wir zu Verfügung haben — die perfekte Ergänzung für uns. 

 

minimum: Wenn ich das höre, dann ist das jetzt aktuell und hat auch lange Aktualität. Aber ist es auch ein Thema: OUT klingt ja auch ein bisschen wie out sein/ in sein. Damit kann man ja auch ein bisschen spielen. Was ist das Thema unserer Tage in der Zukunft — wie seht Ihr das so? Wie bleibt Ihr aktuell?

 

David: Ich denke, man bleibt aktuell, indem man versucht nicht so extrem festgefahren zu sein. Wir arbeiten natürlich mit vielen Firmen zusammen und erleben da große Unterschiede. Manchen fehlt es an Offenheit uns gegenüber und andere, auch traditionelle Firmen, sind sehr offen, auch wenn sie seit 120 Jahren existieren und eine ältere Belegschaft haben. Von denen wird mir ein ebenso großer Respekt entgegengebracht wie dem 50zig-jährigen Traditionsmöbelmarkenbesitzer im Anzug. Die unterscheiden nicht. Ich glaube, das ist sozusagen der Kern eines Denkens, das dazu führt, dass man in der Zeit bleibt und nicht irgendwie da rausfällt.

Christoph: Ergänzen möchte ich noch, dass es uns wichtig ist, nicht jeder Mode hinterherzurennen, weil für unsere zeitgemäßen Produkte eben auch nicht nur heute zeitgemäß ist, sondern auch morgen und übermorgen. Unter diesem Fair-Sustainable-Ökologie Label muss eben ein Stuhl nicht ein Wegwerfprodukt sein, das dieses Jahr mal blau sein darf und nächstes Jahr gelb sein muss, sondern lange einen Wert und einen Sinn ergibt. Deswegen ist es uns ganz wichtig, dass wir zwar modern sind aber nicht modisch.

Reinhard: Und ich glaube, wir handeln relativ angstfrei und mutig und schauen nicht was andere machen, um das jetzt auch machen zu müssen. Wir entdecken Sachen aus uns heraus, was uns so passiert. Zum Beispiel: ein Farbe von uns, da hatten Christoph und ich so eine Netflixphase und haben „The Assassination of Gianni Versace“ angeschaut und fanden die Ästhetik so geil und haben dann das Miami Pink reingenommen und es läuft super. Es gibt keinen bestimmten Inspirationspool. Das ist nicht so taktisch kalkuliert, sondern aus uns heraus irgendwie blauäugig und angstfrei. 

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 Inspiriert von Gianni Versace: Miami Pink am SCHULZ Barhocker

Christoph: Mutig muss man auf jeden Fall sein. Das soll jetzt auf gar keinen Fall bedeuten, dass wir mit Scheuklappen durchrennen und Einflüsse von außen nicht wahrnehmen. Aber es gibt so ganz plakativ einen Unterschied, ob man ob man die Pantone Farbe des Jahres vorgesetzt kriegt und springt dann da für ein Jahr lang auf und haut dann die Farbe drauf — 

David: Das ist so abartig mit dieser Pantone Farbe

Christoph: — oder man überlegt dann wirklich, was das für einen Mehrwert für den Kunden bietet. Und zwar nicht nur für drei Monate, sondern auch für länger und das versuchen wir immer wieder abzuwägen 

Reinhard: Wir gucken uns dann zum Beispiel lieber bei Art Farben von Norbert Bisky an. Das inspiriert und beeinflusst uns eher als die Pantone Farbe des Jahres.

minimum: Ich hatte beim Schulz Stuhl gesehen: Berlin Blau. Ist Berlin blau?

Christoph: Es gibt das Berliner Blau tatsächlich.

minimum: Wirklich? 

Christoph: Das ist eine alte Farbe und wir wollten eher so einen satten Farbton. Und dann sucht man natürlich schon im Marketing-/PR-Bereich einen Begriff der auch catchy ist, wie Miami Pink oder dann Berliner Blau. So kam das.

Reinhard: Unsere Farben haben alle so einen emotionalen Touch. Die sind alle nicht irgendwie entstanden, sondern bewusst im Sinne von: Welches Blau könnte zu uns passen? Welches Apricosa? Unser Apricosa ist zum Beispiel vom Acne Studio Farbton abgeleitet, d.h. jede Farbe hat für uns schon so eine emotionale Verbindung und einen Wert.

minimum: Ist das mit den Namen auch so? Wie entstehen Eure Namen?

David: Wir haben anfangs natürlich auch überlegt, wie wir unsere Produkte nennen sollen. Sollen  wir auch einen deutschen Begriff nehmen —  wie bei OBJEKTE UNSERER TAGE? Um sie nicht total technisch zu benennen, haben wir dann einfach die häufigsten deutschen Familiennamen genommen und anfangs chronologisch abgearbeitet. Deswegen Meyer und Schulz. Später haben wir dann auch mal versucht Familiennamen zu nehmen, die zum Produkt eine Brücke schlagen. So heißt zum Beispiel ein Sofa Weber, wie aus der aus dem Handwerk kommende deutsche Name. Das macht natürlich relativ großen Sinn bei einem Sofa. So suchen wir die Namen aus. 

minimum: Für mich ist es lustig, dass Ihr alle Jungs seid, und die in meiner Schulzeit häufig nur beim Nachnamen genannt wurden. Wurdet Ihr früher auch immer mit dem Nachnamen angesprochen?

Christoph: Ja, ich auch. Und ich habe es gehasst. Ich hab dann irgendwann nicht mehr reagiert, bis sie mich dann nur noch mit Vornamen angesprochen haben. 

minimum: Ok.

Christoph: Hat funktioniert. 

Reinhard: Aber auch unsere Nachnamen sind divers. Wir haben auch Yilmaz. 

David: Und Takahashi. Das ist ja Japanisch. Und Novak.

minimum: Bisschen Berlin eben.

Christoph: Genau

Reinhard: Wir sind ja hier in Kreuzberg.

Christoph: Yilmaz ist der häufigste türkische Familienname, was die Verbreitung in Deutschland angeht. Deswegen kam dann Yilmaz dazu.

Das-Sofa-Weber-und-der-Beistelltissch-Yilmaz-von-Objekte-unserer-Tage

WEBER und YILMAZ

minimum: Ich fand es recht spannend, dass Ihr in Eurem Manifest von Kitsch sprecht. Eine Art Abgrenzung? Warum ist Kitsch so ein Thema für Euch?

Christoph: Ich glaub, das ist jetzt auch was Persönliches. Wir drei sehen das auch alle leicht anders. Kitsch hat für mich auch einen gewissen Reiz, eine Art Hassliebe vielleicht. Wenn man jetzt an unsere Kollektionen denkt, dann müssen und wollen wir drauf achten, dass sie nachhaltig, langlebig und bezahlbar für unsere Kunden sind. Wenn man jetzt Kitsch eher in Richtung Accessoires denkt, dann ist das mit einer sinnvollen Produktion von Kleinteilen in Deutschland nicht zu machen. Wir sind auch keine Freunde davon, Regale mit modischen Accessoires vollzustellen, sondern setzen auf Stücke, die einen emotionalen Wert haben. Das darf dann vielleicht in Abgrenzung zum Manifest für mich persönlich manchmal auch kitschig sein, dann muss es aber eine persönliche Bindung haben und dann ist es vielleicht gar nicht mehr kitschig. Hat das Sinn gemacht?

David: Es hat auch ein bisschen mit Lockerheit und Spass zu tun, denn die Branche in der wir uns bewegen ist ultrakonservativ. Und ultralangweilig. Wirklich. Furchtbar. Und die Menschen, die das betreiben in vielen Firmen sind sowas von nicht offen und sowas von nicht zeitgemäß. Deshalb fühle ich mich persönlich auch als Fremdkörper auf der Kölnmesse. Das kommt mir so vollkommen aus der Zeit vor. Das hat nichts mit mir oder mit uns zu tun. Deswegen haben wir das dieses Jahr auch wieder nicht gemacht. Auch wenn man das macht, um von Händlern, Architekten etc. gesehen zu werden.

minimum: Wir kommen ja trotzdem zu Euch.

Reinhard: Wir haben dann eben eher den digitaleren Weg genommen. Wir sind ja auch eine digitale Marke und waren während der Köln Messe in diesem Apartment präsent. Die Architekten waren trotzdem alle dort und man konnte auch viel besser die Objekte so in einen wirklichen Lebenskontext erleben und sehen, was für uns eigentlich eh viel netter war. Und auch mehr zu uns passt als eine Messe in der alles ausgeleuchtet ist. Da laufen dann 40 Leute lang, die es eigentlich gar nicht interessiert. Nehmen eine Goodie Bag und schmeißen die danach in den Müll. Das passt einfach nicht. Und ohne Kitsch ist auch Davids Design, weil die Art, wie er entwirft zeitlos ist und das ist mir super wichtig, um das nochmal abzurunden. 

minimum: Ich fand es nur spannend, weil ich bei Euren Sachen nie Gefahr laufe an Kitsch zu denken. Interessant, dass das für Euch für Konservatismus und Spießigkeit steht. 

Ihr habt geschrieben, dass Euer Showroom, Store und ein bisschen auch Museum und Galerie ist.

Daraus ergibt sich für mich die Frage: Ist Design auch Kunst für Euch?

David: Design ist für mich persönlich keine Kunst. Design hat viel mit Funktionalität zu tun. Wenn ich ein Produkt angehe, überlege ich mir,  für wen mache ich das und was möchte ich erreichen und natürlich muss ich eine optische Vorstellung haben. Es muss aber auch konstruktiv passen und deswegen ist es eine rationale Herangehensweise, damit am Ende ein gutes Produkt dabei rauskommt. Ein Tisch oder ein Stuhl sollte nicht nur schön aussehen. Er sollte nutzbar sein, langlebig sein, produzierbar und erschwinglich sein. Das Preis-Leistungsverhältnis muss stimmen. All das erreicht man nur, indem man da auch relativ rational bzw. strukturiert rangeht. Und das genau ist für mich Kunst nicht. In der Kunst hat man natürlich deutlich mehr Freiheiten. Wir sind auch Galerie, weil wir Berliner Künstlern die Möglichkeit geben bei uns auszustellen und das ist eine Win-win-Situation: Wir haben was im Raum, was schön aussieht und sie können ausstellen. Das wird natürlich auch bei unseren Veranstaltungen gesehen und von Personen, die hierher kommen und die für die Künstler interessant seien könnten. Das hätten wir jetzt in einer Kleinstadt in Süddeutschland nicht so umsetzen können. Dass man sich sozusagen gegenseitig so eine Win-win-Situation schaffen kann.

minimum: Unter welchen Kriterien wählt Ihr dann die Kunst aus? 

David: Was uns gefällt. 

minimum: Verstehe! Schön.

Reinhard: Freunde von uns, die wir kennen. Die sagen, dass sie da was hätten, was passen könnte auch von den Farben her. Dieses Gelb inspiriert uns dann. Wir nehmen da schon auch recht viel mit raus und auch für unsere Kunden ist es spannend, wenn sie hier reinkommen und unsere Objekte sehen aber auch die der Berliner Künstler. Das macht eigentlich so jeden Besuch aus. 

OBJEKTE-UNSERER-TAGE_-Interview-02-20

Christoph auf dem SCHULZ Stuhl in Berliner Blau und einen Berliner Kunstwerk in Gelb

David: Zum Beispiel da hinten. Da hängt so ein schwarzes Bild. Als ich das gesehen habe, hatte ich sofort im Kopf: Wir müssen diesen Wagner Stuhl in komplett Schwarz — auch mit schwarzem Leder — davorstellen und ganz clean mit diesem Bild ein Foto machen. Dann entsteht so etwas Gewisses und gibt dem Stuhl nochmal einen ganz eigenen Charakter.

minimum: Interaktion, die dann entsteht. 

David: Ja, so kann man dann über manche Sachen ganz neue Facetten in Produkten und Designs hervorheben oder unterstreichen und Bilder erzeugen. Und der Eichenstuhl, der vor einem Eichentisch steht bekommt dadurch einen ganz anderen eigenen Charakter. 

Reinhard: In so einem Kontext werden viele Objekte auch erst erlebbar und verständlich.

minimum: Wenn ihr ein Möbel für minimum entwerfen würdet, was wäre das?

David: Puh. Ja, weiß ich nicht. 

Christoph: Für welchen Standort? 

David: Ich denke mal wir würden was für’s Aufbau Haus entwerfen.

minimum: Ok. Ihr hättet jetzt auch die Chance für’s stilwerk.

David: Mein erster Gedanke wäre, das ist in Kreuzberg. Dementsprechend weiß ich auch welche Leute da hingehen und da irgendwas kaufen möchten. Ich kenne natürlich auch Olaf und Michael und alle Leute, die dort sind und würde dann versuchen mit Hilfe dieses Wissens einen gewissen Stil in dieses Produkt reinzubekommen. Ich glaube, das ist das Wichtigste. Ich würde dann eher auf was Kleineres gehen, wie Stuhl, Beistelltisch oder vielleicht eine Leuchte, um da diesen Lifestyle oder dieses Lebensgefühl reinzubefördern. Das wäre mein Ansatz. 

minimum: Steht ihr eigentlich im Austausch? Du sagst, du bist öfters mal da. Fragt ihr auch mal Michael, wie läuft das? Läuft das gut, was sagen die Kunden?

 David: Lustigerweise habe ich Michael schon gekannt, bevor wir uns gegründet haben. Weil ich als Student immer schon um die Möbel rumgeschlichen bin und mir alles sehr genau angeschaut habe. Das mache ich immer noch. Haha. Nein.

Reinhard: Und alle paar Monate kommen sie vorbei und wir essen und trinken zusammen. Wir haben so einen Hotpot und da tauscht man sich natürlich schon aus und da kommen dann so Insider wie zum Beispiel Samt im Aufbau Haus ist nichts für die Kunden. Das ist auch schon sehr spezifisch für den Standort, weil alle nach Samt rufen und im Aufbau Haus ist Samt gar kein Thema und das sind auch ganz spannende Insights für uns. 

David: Oder auch was sich verkauft. Da ist das Aufbau Haus schon deutlich progressiver als irgendein Händler in Hannover. Das merkt man schon extrem. 

Reinhard: Und Olaf und Michael sind auch offener als manche mit denen wir zu tun haben — die sind halt mutiger und probieren auch mal was.

David: Wir empfinden minimum schon so als Insel in einem Meer voller konservativer Händler.

minimum: Danke, da fühlen wir uns natürlich geschmeichelt. Wem würdet Ihr gerne eure Möbelstücke verkaufen und warum?

Christoph: Lady Gaga! Punkt. 

Reinhard: Unsere Zielgruppe ist ansonsten sehr divers. Das reicht vom Berliner DJ, wo wir das Haus ausstatten bis zum Single in Köln, über das Rentnerehepaar in München, das aber trotzdem mutig ist und Bock hat auf was Frisches und nicht nur Bock hat auf Klassik, bis hin zu uns. Selbst mancher Student, kauft sich einen Neumann Beistelltisch — übrigens Davids erster Entwurf im Rahmen der Uni — weil er den dann irgendwie geil findet. Also das ist schon sehr divers. Und das ist eigentlich auch das Schöne. Nicht für irgendeine Zielgruppe sondern come as you are.

Christoph: Und Lady Gaga. Hast Du irgendwen, dem du gerne was verkaufen würdest? 

David: Christian Lindner. Nein, war ein Witz. 

Christoph: Aber was Reinhard schon sagt, es ist tatsächlich schön, wenn sich beispielsweise eine junge Familie einen neuen Esstisch kauft und man dann genau weiß, dass an diesem Tisch die Kinder irgendwie erwachsen werden und alle daran lange ihren Spass haben werden. Oder vielleicht auch eine End50er Dame, die sich nochmal, klingt jetzt bescheuert, was gönnt und sich das neue Sofa holt. Und man bekommt sofort Bilder, was die Leute dann damit anfangen werden und wie wichtig ihnen das bei der Auswahl ist. Und das ist es, glaube ich, was uns auch irgendwie Spass macht. Es ist jetzt nicht irgendwie eine ikonische Gestalt, die wir da im Kopf haben, der wir gerne was verkaufen würden, sondern eher der Durchschnittsbürger und die Durchschnittsbürgerin.

David: Elon Musk!

Christoph: Oder das. 

 minimum: Treffen sich Elon Musk und Lady Gaga bei Objekte unserer Tage.

 David: Das kommt oft vor.

 Christoph: Ihr habt sie gerade verpasst. 

 David: Waren gerade da. Haben uns geholfen bei der Badewanne. (Am Tag unseres Interviews wurde eine Badewanne geliefert.)

 minimum: Gibt es irgendetwas, das Ihr gerne entworfen hättet?

 David: Was ich entwerfen möchte, entwerfe ich. 

 Christoph: Du meinst irgendein Produkt, bei dem wir dachten, Mann, wäre wir mal drauf gekommen. 

 minimum: Ja, genau, „das hätten wir gerne gemacht!“

 Reinhard: Mmh. Wenn wir so eine Lücke sehen, dann machen wir es tatsächlich.

 David: Ja klar gibt es andere Produkte, die man richtig cool findet aber ich denke mir dann nicht: Oh nee, hätte ich das nicht lieber gemacht. Ich bin da zu ehrgeizig und möchte lieber was selbst — im besten Fall was Besseres — machen, oder auch nicht. 

minimum: Was ist das echte Leben für Euch? Ihr habt das auf Eurer Seite geschrieben, das fand ich ganz lustig.

Christoph: Das war im Zuge eines Shootings, das wir im Sommer hier im Berliner Umland gemacht haben. Wir haben da mit sehr viel natürlichem Licht gearbeitet bei der ganzen Kampagne. Berlin hat zwar auch dieses Coole aber auch dieses cool Abweisende. Man spricht nicht miteinander und hat nur die Mundwinkel nach unten. Aber wir wollen eher eine positive Marke sein und das ist für uns auch eher das echte Leben. Das hat auch mal Makel, das Bild ist nicht überretouchiert, es ist nicht perfekt ausgeleuchtet. Das wollten wir nicht nur mit Bildern transportieren, sondern dafür stehen wir auch. Wir sehen auch nicht jeden Tag so toll aus. 

David: Es gibt ja irgendwie auch so Marken, die versuchen eine junge Zielgruppe anzusprechen, deswegen nehmen die so Bilder mit irgendeiner hippen Frau mit E-Gitarre, die sie auf’s Sofa setzen. Und jeder weiss aber, das ist sowas von ekelhaft gestellt.

Reinhard: Das ist aber auch wieder das mit unserer Generation. Wir sehen unsere Generation schon als die, die eher zusammenarbeitet, die positiv und offen aufeinander zugeht und nicht als eine, die noch Ellenbogen einsetzt. Wir sehen aber auch diese Welt, und wir bekommen natürlich mit, dass es die noch oft gibt, diese Ellenbogen und da versuchen wir halt ein bisschen was dagegen zu setzen.

Christoph: Und ich mein, wir gehen da jetzt nicht total blauäugig ran. Wir wollen auch erfolgreich sein und arbeiten hart daran. Aber wir glauben eben nicht, dass es dieser alte Weg sein muss, sondern, dass man das auch anders erreichen kann. Ja.

minimum: Und wie arbeitet ihr zusammen? Du (David), du machst Design?

David: (nickt) Ja.

Reinhard: Marketing & PR

Christoph: Finanzen & Strategie 

Reinhard: Tatsächlich ist es aber so — und das ist auch das Schöne an unserem Job — wir machen alle Alles so ein bisschen zusammen. Springen auch umher in den Themen und das machst es irgendwie auch spassig.

David: Also die glauben zumindest, dass sie was von Design verstehen. 

Christoph: Und er glaubt er sollte bei Preisen mitreden. Nein, das war von Anfang an so, dass wir mit Anton noch einen zweiten Designer hatten und ich der BWLer war und wenn man das dann gesagt hat, war immer die Rückmeldung, vor allem aus der Presse, ah, den BWLer braucht man ja im Team und damit verbunden war immer automatisch die Vorstellung, dass ein Designer nur in wolkigen Bildern denkt und vor sich hin Produkte malt und nicht darüber nachdenkt, was danach kommt. Und das ist bei uns tatsächlich nicht so. Also David ist, glaube ich, der größte Statistikfreak, den ich kenne. Eher so ein analytischer mathematischer Geist und genauso sind Reinhard und ich nicht mit Scheuklappen in Richtung Marketing und Finanzen unterwegs, sondern wir ergänzen uns da alle sehr, sehr gut.

David: Also vordergründig fühle ich mich auch eher als Unternehmer. Ich finde Unternehmer und Designer sind ja auch das gleiche. Man erschafft etwas, man versucht voranzukommen. 

Christoph: Ja, das ist, glaube ich, auch eine wichtige Abgrenzung zwischen Design und Kunst — zu der Frage von vorhin nochmal: Design kann auch einen künstlerischen Anspruch haben, es muss aber eben noch mehr können. Es geht nicht nur darum ein singuläres Produkt oder Objekt zu entwerfen, sondern das auch in Serie zu produzieren und vielen Abnehmern zur Verfügung zu stellen. Deswegen ist es schon gut oder perfekt, wenn ein Designer unternehmerisch denken kann. Würde ich denken.

minimum: Vielen Dank.

Reinhard: Für uns ist das auch immer aufregend, wenn wir Besuch bekommen.

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