Über Harry Bertoia
1915 im norditalienischen, bäuerlich geprägten Friaul geboren, fiel Arri – damals noch ohne „H“ und mit „i“ – schon früh als aufmerksamer Naturbeobachter und begabter Zeichner auf. Mit täuschend echt nachgezeichneten Karten soll er sich sogar Eintritt ins Kino verschafft haben. Schon als Kind fertigte er kleine Objekte aus Holz und Metalldraht. Seine künstlerische Ausbildung begann mit Abendkursen. Um die Familienkasse zu entlasten, folgte Arri im Alter von 15 Jahren dem amerikanischen Traum in Person seines älteren Bruders Oreste. Von ihm unterstützt, wird in Detroit aus Arri Harry. Ein Stipendium für die Cass Technical High School in Detroit, eine Empfehlung für die Art School der Detroit Society of Arts and Crafts: Sein Talent bleibt auch jenseits des Atlantiks nicht unerkannt.
Harry Bertoias Anfänge in Cranbrook
1937 wird er an der Cranbrook Academy of Arts aufgenommen. Bertoia lernt hier die Designstudentin Ray Kaiser (später Eames), sowie die Architekturstudentin Florence Schust (später Knoll) und die Architekten Charles Eames und Eero Saarinen kennen. Zunächst nur Student, anschließend auch Dozent und Leiter der Metallwerkstatt, ent- wickelt Bertoia in Cranbrook neue Techniken der Metallverarbeitung. Es entstehen zahlreiche herausragende Goldschmiedearbeiten, deren biomorph-abstrakte Formen seine später entstehenden Skulpturen antizipieren. In den Jahren kriegsbedingter Metallknappheit widmet er sich mit Leidenschaft der Grafik und verschiedenen Drucktechniken. Er entwickelt darin eine solche Meisterschaft, dass ihn Eliel Saarinen auch mit der Leitung der Druckgrafikwerkstatt betraut.
Von Cranbrook bis zu Knoll International
1943 verlässt Bertoia Cranbrook, um mit Ray und Charles Eames in Kalifornien zusam- menzuarbeiten. Mir ihnen entwickelt er den Lounge Chair Metal, der 1946 unter dem Namen „Eames Chair“ im New Yorker MoMA ausgestellt wird. Aus Enttäuschung über die nicht gewürdigte Mitautorschaft beendet er die Zusammenarbeit und nimmt 1950 das Angebot seiner Studienfreundin Florence Knoll an, für Knoll Associates eine eigene Möbelserie zu entwerfen. Doch seine größte Leidenschaft bleibt die Skulptur, der er sich dank des Erfolgs der Möbel nun ausschließlich widmen kann. Er arbeitet u.a. an großformatigen Skulpturen für die Bauten bekannter Architekten wie Eero Saarinen. Mit den Sonambient-Tonskulpturen bringt er sein Lieblingsmaterial Metall schließlich auch zum Klingen. Sie greifen seine Sehnsucht nach der Musik der Natur des Friaul ebenso auf wie nach Instrumenten, die ohne Vorkenntnisse spielbar sind. Verewigt hat er sie auf verschiedenen Langspielplatten und in einem Dokumentar lm. 1978 stirbt mit Harry Bertoia in Barto (Pennsylvania) ein großer Bildhauer, Grafiker, Designer und – warum nicht – auch Musiker.